Maltherapie


Laudatio

von Michael Behrendt anlässlich der Bürgerpreisverleihung an die Initiative „Stark gegen Krebs“ am 7. Januar 2018


Als ich Anfang Dezember von Kuno gefragt wurde, ob ich heute die Laudatio für den Bürgerpreis halten könnte, da habe ich einen Moment lang gezögert. Nicht, weil ich mich nicht gern reden hör, sondern weil heute Menschen ausgezeichnet werden sollen, die mir zu einem großen Teil besonders nahe stehen.

Es sind nämlich Wegbegleiter. Menschen, die – anders als ich – das Thema Krebs nicht als etwas Abstraktes begreifen, sondern sich derart intensiv damit auseinandersetzen, dass ich davor nur den Hut ziehen kann.

Es ist kein Geheimnis, dass heute die Menschen, die hinter dem Krebsberatungszentrum Westküste stehen und zum Teil seit zehn Jahren hinter der Initiative „Stark gegen Krebs“, mit dem Bürgerpreis der CDU Brunsbüttel ausgezeichnet werden sollen.

Und es ist auch kein Geheimnis, dass sowohl hinter dem KBZ, als auch hinter der Initiative „Stark gegen Krebs“ zwei Institutionen stehen, für die auch ich – wenn auch indirekt – verantwortlich zeichne. Denn beide fußen auf der Wattolümpiade, jenes Event, von dem ein hochdotierter Stadtmarketingexperte einst befand, dieser „Jux“ tauge allenfalls dazu, ein – ich zitiere im Originalton – „Einfamilienhaus zu versenken“.

Fast 14 Jahre später wissen wir nicht mehr viel von diesem „Experten“ von einst. Von der Wattolümpiade dagegen wissen wir, dass sie seit 2004 mehr als 330.000 Euro für segensreiche Zwecke eingebracht hat, und dazu einen fast noch bedeutsameren Erfolg: das Thema Krebs aus der Tabuzone geholt zu haben.

Dieses ist bekanntermaßen ja schon 2012 von der CDU mit dem Bürgerpreis an den Wattolümpiade-Verein gewürdigt worden. Wir haben uns damals sehr über diese Auszeichnung gefreut und tun dies auch heute noch.

Um eines aber noch mal zu verdeutlichen: Die Wattolümpiade sorgt für die finanziellen Rahmenbedingungen. Doch „Krebshilfe“ – wie es manchmal verkürzt als Sammelbegriff genannt wird – lässt sich per se nicht kaufen.

Um Krebsbetroffenen im Kampf gegen die Krankheit zur Seite zu stehen, braucht es Menschen. Menschen, die neben Fachwissen, Engagement, Empathie vor allem eines mitbringen müssen:

Kraft. Kraft sich Dingen, Situationen, Emotionen zu stellen, die den meisten von uns Angst einflößen.

Dingen, Situationen, Emotionen, denen sich die meisten von uns nicht stellen würden.

Weil sie schmerzen. Einen mitnehmen. Traurig machen. Den Schlaf rauben.

Heute werden jene Menschen geehrt, die diese Kraft haben – und sich unter dem Dach der Krebsberatungszentrums Westküste, unter dem Dach der Initiative "Stark gegen Krebs" direkt und unmittelbar für Krebsbetroffene einsetzen.

Wir werden sie gleich kennenlernen.

In der Führung des Wattikans haben wir eine klare Aufgabenverteilung: Oli kümmert sich um den Sport, Dirk und ich um alles Organisatorische rund um die Wattolümpiade – und Jens um das Thema Krebs.

Schließlich war es Jens, der 2004 die Idee hatte, mit dem „Quatsch im Matsch“ Sinnvolles für Krebsbetroffene zu tun. Er hatte gerade den Höllenritt seiner eigenen Krebserkrankung hinter sich gebracht und wusste genau, woran es Krebsbetroffenen hier in der Region mangelt.

Ich habe schon mehrmals das Wort „Krebsbetroffene“ benutzt. Vielleicht muss ich dies noch mal näher erläutern: Betroffen sind ja nicht nur die, die Krebs diagnostiziert bekommen, sondern auch die Menschen im Umfeld der Krebserkrankten. Partner, Familie, Angehörige, Freunde.

Auch diese hatte man vor 15 Jahren noch nicht wirklich auf dem Schirm, was Beratungs- und Informationsangebote in der Region angeht.

Und Jens damit eine Mission.

Mit dem Erlös der ersten Wattolümpiade wurde im Jahr 2005 die erste Krebsberatungsstelle am Brunsbütteler Westküstenklinikum aus der Taufe gehoben. Schon im Jahr darauf folgte die zweite Beratungsstelle, am Klinikum Heide. Beide organisatorisch geführt von der Schleswig-Holsteinischen Krebsgesellschaft, die fortan mit den Erlösen der Wattolümpiaden bedacht werden sollte.


Zum Geburtshelfer der Initiative „Stark gegen Krebs“, unter der der Wattolümpiade-Verein heute sämtliche Aktivitäten für Krebsbetroffene bündelt, avancierte just in dieser Zeit bezeichnenderweise das Finanzamt Itzehoe. Dort fand man nämlich die Wattolümpiade als Benefizevent für Krebsbetroffene klasse, gab uns aber den Wink, dass es mit dem Spendengeldern-Einsammeln für eine andere gemeinnützige Organisation – hier die Schleswig-Holsteinische Krebsgesellschaft – allein nicht getan sein kann.

„Ihr wollt was für die ,öffentliche Gesundheitspflege’ tun? Dann macht mal. Am besten direkt.“

So entstanden die Brunsbütteler Krebsinformationstage, denen sich Jens fortan federführend widmete.

Was er damals nicht ahnte: Dass er und seine Frau Suse zu einer Art offizieller Anlaufstelle für Krebsbetroffene werden sollte. Immer öfter standen wildfremde Leute in der Galerietür oder hingen am Telefon, die Rat suchten – oder die einfach ihren Kummer von der Seele reden wollten.

Wäre die Aufgabenverteilung im Wattikan damals eine andere gewesen, das Kapitel „Stark gegen Krebs“ wäre heute längst Geschichte.

Doch Suse und Jens zeigten Nehmerqualitäten – und wurden dafür 2015 mit einer neuerlichen positiven Wendung belohnt. Seinerzeit hatten die Eigentümer des Brunsbütteler Ärztezentrums dem Wattolümpiade-Verein angeboten, eigene Räumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Ein Geschenk des Himmels, denn so wurde wenig später ein Traum Wirklichkeit:

Mit der Inbetriebnahme des Krebsberatungszentrums Westküste im Juni 2015 konnte nicht nur das Beratungsangebot deutlich ausgeweitet werden – Brunsbüttel bekam einen offiziellen Anlaufpunkt für Krebsbetroffene mitten im Herzen der Stadt und gleichzeitig ein Zentrum, in dem Angebote wie Selbsthilfegruppen und Workshops gebündelt werden konnten.

Suse hatte – Jens sieht das manchmal anders – schon immer gute Ideen. Ihre bislang beste war es zweifelsohne, Petra Köster dafür zu begeistern, die Leitung dieses neuen Zentrums zu übernehmen. Dass sich das Krebsberatungszentrum seitdem derart positiv entwickelt hat und inzwischen ein unverzichtbarer Teil der Gesundheitslandschaft in der Region ist, ist vor allem Petras Verdienst.

Es gibt ja viele Menschen, die von sich sagen, ihr Beruf wäre Berufung. In diesem Fall ist es offenkundig.

Petra gelang ist nicht nur, die erweiterten Beratungsangebote und Sprechstunden zu etablieren, sondern sie motivierte weitere Menschen, sich im KBZ zu engagieren.

Wie zum Beispiel Nadine Peters und Olaf Wehrsig mit ihrer Hinterbliebenengruppe „Café Zeitenwende“, Anja Flindt, die Petra in der Selbsthilfegruppe "Leben mit Krebs" zur Seite steht, oder auch die „Heißen Nadeln“ um Elke Frost und Heidi Denker, die hier Herzkissen nähen.

Natürlich hat sich auch Jens nicht herausgezogen. Er organisiert gemeinsam mit Petra die Krebsinformationstage, die in diesem Jahr zum zehnten Mal stattfinden, und bietet zudem auch regelmäßige Aktionen wie die Maltherapie an.

Suse hat derweil mit ihrer Angehörigengruppe eine Heimat im KBZ gefunden.

Und dann gibt es noch Menschen wie Hans-Erich Sievers, der als Mädchen für alles segensreich im Hintergrund wirkt, werkelt und hausmeistert und immer zur Stelle ist, wenn Hilfe gefragt ist.

Oder meinen Präsidenten Dirk, der das Bindeglied des Wattolümpiadevereins zum KBZ ist und immer hineinhorcht, wo es Bedarfe an der Krebsfront gibt.

Und nicht zu vergessen das Apotheker-Paar Nicole und Sebastian Schön. Den beiden gehören die Räumlichkeiten – und ihnen ist es eine echte Herzensangelegenheit, das KBZ und all die vielen Aktionen unter der Flagge von „Stark gegen Krebs“ nach Kräften zu unterstützen. Ohne sie wäre vieles nicht denkbar.

Wenn ich zum Abschluss meiner Ausführungen denn noch einen Wunsch äußern darf, dann jenen, dass es hoffentlich noch viele Jahre lang Menschen wie die eben genannten geben möge, die Zeit und Energie finden, um Menschen im Kampf gegen den Krebs zu begleiten, ihnen Mut zu machen und Kraft zu geben.

Den Geehrten meinen Respekt – den Bürgerpreis 2018 habt Ihr Euch redlich verdient.

Michael Behrendt